20.- 22.April
kunst universität linz
Die Begrüßung erfolgte durch den Leiter des ZKS, Walter Lexmüller. Er informierte die Teilnehmer/innen über den geplanten Ablauf des Seminarprogramms. Als Ziel wurde festgelegt, die Grundlagen für die Entwicklung eines Curriculums zur Fortbildung für das gemeinsame Fach Werken zu entwickeln. Die Zielgruppe sollen Kolleginnen und Kollegen sein, welche jeweils nur in einem der beiden Fächer Textiles Werken oder Technisches Werken ausgebildet sind.
Als erster Referent referierte Horst Basting zur historischen Entwicklung des Faches Werken, wobei er sich immer wieder auf seine Veröffentlichung „Zweihundertzwanzig Jahre Werkpädagogik“ bezogen hat. Ausgehend von den Entwicklungen der Werkpädagogik, von der Mitte des 18. Jahrhunderts und Konzepten der Industrieschule, über die Konzepte der Reformpädagogik, spannte er einen Bogen bis ins 20.Jahrhundert. Hier vermittelte er Konzepte wie z.B. dem gesellschaftsorientierten Modell aus den 70er Jahre unseres Jahrhunderts, welches die individuell-gesellschaftliche Emanzipation zum Ziel hatte, sowie Konzepten der Visuellen Kommunikation und dem mehrperspektivischen Modell, in welchem fächerübergreifende Methoden angewandt werden und eine Überwindung der traditionellen Trennung in Natur- und Geisteswissenschaft angestrebt wird. Abschließend erfolgte die Einladung von Horst Basting einen Ordnerschuber, an einer von ihm aufgebauten „Werkstraße“ in seriell-ähnlicher Produktion, herzustellen.
Danach stellte Eva Lausegger den Entwurf des neuen Lehrplans Technisches und Textiles Werken vor. Anforderungen an den Lehrplan waren: Etablierung eines neuen Faches, die
Kompetenzorientierung, Kompatibilität des Lehrplans für NMS und AHS, Praxistauglichkeit für alle 10-14Jährigen und die Umsetzung an den Schulen durch PH- und UNI-Ausgebildete.
Hierbei sollten die unterschiedlichsten Voraussetzungen wie Schulstandort, Schüler/innen, Ausstattung, Stellenwert des Faches, Schwerpunktsetzung-Fachentwicklung, Schultradition sowie Lehrer/innenbiografie, Ausbildung und Interessen bzw. Schwerpunkte, berücksichtigt werden. Wesentliche Bausteine für die Entwicklung waren Elemente, welche beiden Fächern zugrunde liegen wie z.B.: Selbstständigkeit; forschendes, entdeckendes, problemlösendes Lernen; Kenntnisse über experimentelle Prozesse und funktionale Produkte. Es wurden im Lehrplan drei Kompetenzbereiche festgelegt: Entwicklung, Herstellung und Reflexion, wobei das Verhältnis dieser drei Bereiche der Situation entsprechend jeweils als variabel angesehen wird.
Die grundlegenden Kompetenzen des neuen Faches sollen anhand der Inhaltsbereiche: Technik, Körper und Raum entwickelt werden. Als noch zukünftig zu bearbeitende Baustellen bezeichne-te Lausegger: die Organisation/ z.B. Räumlichkeiten, das Dienstrecht, die Fortbildung, ein Schulbuch sowie die rechtliche Sicherstellung der fachadäquaten Gruppengröße im Unterricht.
Marion Starzacher von der Kunstuni Linz erläuterte in der Folge die Entwicklung des Curriculums „Werken“ im Cluster Mitte, zu welchem insgesamt 10 Bildungsinstitutionen aus Oberösterreich und Salzburg wie z.B. die Kunstuni Linz, das Mozarteum Salzburg oder die Pädagogischen Hochschulen Oberösterreich und Salzburg, zählen. Ziel war es ein gemeinsames Lehramtsstudium im Cluster Mitte für die gesamte Sekundarstufe anzubieten. Es ist geplant dieses ab dem Studienjahr 2017/18 anzubieten. Der Abschluss erfolgt mit einem Bachelor nach 8 Semestern mit 240 EC sowie einem Master nach weiteren 4 Semestern mit 120 EC.
Sie differenzierte danach die Struktur des entwickelten Curriculums, welches kompetenzorientiert zu entwickeln war, wobei es ein zusätzliches Ziel war, die vorhandene Infrastruktur und das Lehrpersonal der Institutionen zu erhalten. Starzacher wies auch darauf hin, dass nicht angedacht ist z.B. einen Bachelor im Cluster Mitte zu machen, den Master hingegen z.B. im Cluster Nordost. Dies stehe eigentlich im Widerspruch mit dem Bolognaprozess.
Zu Beginn des zweiten Tages präsentierte Rudi Hörschinger Werkbeispiele aus dem Technischen und Textilen Werken.
In seiner Präsentation stellte er Beispiele aus dem Bereichen Design: z.B. Lichtobjekte, Sitzmöbel, Kopfbedeckungen oder Schmuck, Architektur: z.B. Lehmbauprojekt, Zeltkonstruktionen oder Kuppeln und Technik: Bootsbau, Windräder, Electronic Wearables, Muskeln aus Textilge-webe oder ein Mechanisches Figurentheater, vor.
Es entwickelte sich parallel zur Präsentation eine lebhafte Diskussion, in welcher u.a. folgende Fragen gestellt wurden: Was ist eine zeitgemäße Definition von Werken? Geht es um Herstellungsverfahren oder ist das Handwerk zentral und bestimmend? Inwiefern bietet Werken einen Gegenpol zur Digitalisierung der Welt und wo sind Synergien möglich? Einigkeit bestand darin, dass das Denken sich durch Tun entwickelt und Kompetenzen durch das konkrete Arbeiten entwickelt werden.
Weiters wurde die Frage gestellt, wie das forschende und entdeckende Lernen in das Fach integriert werden könnte. Materialversuche würden dafür nicht ausreichen. Es müsste auf ein Ziel, ein Produkt hin untersucht und geforscht werden, war eine der Stellungnahmen dazu.
Anschließend wurde die Funktion der Lehrenden diskutiert. Die Lehrenden sollten die Schüler/innen ihren jeweils individuellen Weg entwickeln lassen. Die Lehrenden vermitteln handwerkliche Grundlagen und unterstützen bzw. helfen den Schüler/innen im experimentellen und individuellen Forschungsprozess. Hierbei sollten die Spuren des Lernens festgehalten und in einem neuen Lernkontext zusammengefügt werden. Lernhefte und Beobachtungsprotokolle würden dabei helfen können. Auch könnten digitale Techniken dafür herangezogen werden. Eine neue Kultur der ständigen Dokumentation könnte damit etabliert werden, wobei die beiden Ebenen der Dokumentation zu berücksichtigen sind: die Schüler/innen und die Öffentlichkeit.
Dokumentieren, Recherche und das Anlegen einer Sammlung bedeutet auch die Selbsterkenntnis der Schüler/innen und ihrer Leistungsfähigkeit.
Außerdem würden Portfolios auch eine wesentliche Grundlage für die Benotung der Arbeit ge-ben. Abschließend mündete die Diskussion noch in gesellschaftspolitische Fragestellungen: Wie würde man mit dem Thema Integration im Fach Werken umgehen können? bzw. Wie lassen sich Werkaufgaben in sogenannten „Brennpunktschulen“ umsetzen?
Dass die Lehrenden hierfür wesentliche Selbsterfahrungen in Gestaltungsprozessen erlebt haben, wird genauso als wesentliche Basis angesehen, wie auch, dass den Schülern altersgemäße und dem Wissenstand entsprechende nicht zu offene, sondern konkrete Impulse gegeben werden sollten. Umso erfahrener die Schüler/innen, umso offener sollten die Impulse sein. Die Impulse sollten den Schüler/innen quasi als Rampe für eine Lernerfahrung dienen.
Am Ende der Diskussion fokussierte man sich wiederum auf das zentrale Thema des Seminars:
Wie sollte eine Fortbildung beschaffen sein, um die Anforderungen, die an das Fach gestellt werden, zu erfüllen? Könnte eine imaginäre Pinnwand an selbstmotivierenden Techniken, Methoden und Impulsen einen didaktischen Flow bewirken?
Am Nachmittag stellte Christine Rieder, Co-Leiterin der Professur für Didaktik in Kunst & Design der Fachhochschule Nordwestschweiz, «TEC & TEX» - ein neues Fach und maßgeschneiderte Weiterbildungen für Fachlehrpersonen vor.
Ausgehend vom Bildungsbereich Gestalten aus dem Lehrplan 21, welcher für alle 21 Deutsch-schweizer Kantone entwickelt wurde, erläuterte sie einige grundsätzliche Punkte wie: Kompetenzorientierung (fachlich & überfachlich), Harmonisierung des Bildungssystems, direkte Einführbarkeit, fehlende verbindliche Schultafel, für alle Kinder der Volkschule (in der Schweiz 9 Schuljahre). Im Lehrplan 21 wird im Bereich Gestalten zwischen dem Bildnerischen Gestalten und dem Fach Textiles und Technisches Gestalten differenziert. Insgesamt werden hier jeweils in die Kompetenzbereiche Wahrnehmung & Kommunikation, Prozess & Produkte sowie Kontexte & Orientierung unterschieden. Ein wesentliches Augenmerk hierbei wird auf die Gestaltung der Lernumgebung und auf die Aufgabenkultur gelegt. Diese folgt dem Ablauf von Annähern über das Untersuchen, hin zum Verdichten, bis zum abschließenden Präsentieren.
Welcher Aufgabenstruktur sollte eine Aufgabe im neuen Fach Textilen und Technischen Gestalten folgen?
Titel, Thema, Aufgabenstellung (Aufforderung), Vorgehen, Kompetenzziele, Dauer, Sozialform, Investives/konsumatives Material, Quellen, Reflexion-Evaluation-Performanz (formative und summative Beurteilung). Danach zeigte Christine Rieder exemplarisch anhand eines Kompetenzrasters mit Deskriptoren wie mit dem Lehrplan 21 gearbeitet werden könnte. Als Lernbehelf stellte sie weiters das Buch: „GestaltungsRäume“ vor. Abschließend veranschaulichte Rieder Lehrgangs- und Zertifikationslehrgänge wie den Masterstudiengang Lehrperson Sekundarstufe 1 oder das Studienfach: Design&Technik der PH FHNW Schweiz sowie fachliche & fachdidaktische Weiterbildungslehrgänge und Zertifikationslehrgänge mit fachlicher Vertiefung wie z.B. einen CAS Lehrgang Textiles Gestalten Textildesign & Textiltechnik vor.
Besonders ist darauf hinzuweisen, dass die Folie 31 ihrer Präsentation CAS Lehrgang für Design & Technik einen Einfluss auf die Überlegungen zur Entwicklung des geplanten Lehrgangscurriculums hatte.
Sowohl die Differenzierung in Pflicht- und Wahlmodulen, als auch das Begleit-Portfolio waren Überlegungen, welche die Konzeption für das geplante Lehrgangscurriculum an den PHn beeinflussen werden.
Am Ende der Vortragsreihe stellte Thomas Stuber von der PH Bern nochmals den LP 21 vor, wobei er einen Vorteil darin erblickte, dass man weiß, womit man es zu tun hat und als Nachteil, dass man in der Lehrtätigkeit etwas beengt wird. Ziel ist es die Materie nicht zu kennen, sondern zu können. Ein Schüler, eine Schülerin erweist sich dann als kompetent, wenn er/sie die zentralen fachlichen Zusammenhänge versteht und diese anwenden kann und dabei angemessene Hand-lungsentscheidungen trifft. Gegen Ende seines Vortrags stellte Stuber noch eine Lehrmittelreihe sowie eine App mit dem Titel: Technik und Design vor.
In den beiden darauffolgenden Arbeitskreisen entwickelten die Seminarteilnehmer/innen erste Überlegungen und Grundlagen für den Aufbau eines Lehrgangs zur Weiterbildung im Bereich Werken. Diese mündeten am nächsten Tag nach einer Praxiseinheit an der Kunstuni Linz, in welcher die Seminarteilnehmer/innen die Werkaufgabe hatten, technische und textile Anforderungen zu lösen, in eine Diskussion und einen Zeitplan für die Entwicklung eines Curriculums für einen Fortbildungslehrgang Werken der PHn.